Wenn wir achtsam kommunizieren, kann das Missverständnissen vorbeugen und Ärger verhindern. Gerade in Unternehmen ist das wichtig, wenn Meetings anstehen oder man mit Kolleg*innen diskutiert.
„Achtsamkeit öffnet die Tür zur Fülle des Lebens.“
Eckhart Tolle
Im Job haben wir es jeden Tag mit Menschen zu tun. Menschen, die andere Ideen und Vorstellungen haben als wir. Menschen mit anderen Bedürfnissen, Interessen und Meinungen. Damit wir trotzdem gut miteinander auskommen, müssen wir voneinander wissen, was jede(r) will, braucht und fühlt. Der Hebel dafür ist Kommunikation. Doch um die ist es nicht immer zum Besten bestellt. Viele Mitarbeitende in Unternehmen können davon ein trauriges Lied singen.
Mit diesem Blog-Beitrag will ich dein Bewusstsein für die Notwendigkeit schärfen, auch im unternehmerischen Kontext achtsam zu kommunizieren. Um es vorweg zu sagen: Achtsame Kommunikation hat nichts mit Pseudo-Wohlfühlen zu tun! Es ist kein Mittel hipper Unternehmenskulturen, in denen „Friede, Freude, Eierkuchen” herrscht und leere Worthülsen eine gesunde Kultur nur vorspielen. Achtsam zu kommunizieren bedeutet echten Austausch auf Augenhöhe und Empathie. Und das muss geübt werden.
Wie wird in deinem Unternehmen kommuniziert?
Wie in Unternehmen miteinander kommuniziert wird, hat direkten Einfluss auf das Arbeitsklima. Und das kann mehr oder weniger schnell den Bach hinunter gehen. Ja, es kann sogar toxisch werden. Vielleicht kennst du selbst eine oder mehrere der folgenden Situationen?
- Deine Leistungen oder die deiner Kolleg*innen werden ständig auf nicht konstruktive Weise kritisiert.
- Kolleg*innen oder Vorgesetzte verhalten sich unhöflich oder manipulativ.
- Im Team wird generell zu wenig miteinander gesprochen, so dass die Zusammenarbeit leidet.
- Es wird häufig schlecht über andere Kolleg*innen oder Vorgesetzte gesprochen.
- In Meetings kommt es regelmäßig zu Streitereien statt zu konstruktiven Lösungen.
- Dein Vorgesetzter/deine Vorgesetzte fällt dir häufig ins Wort und will nur eines: Recht haben.
Die Folgen dieser Kommunikationskultur sind absehbar: Weil es für die Leidtragenden auf Dauer zu belastend wird, sind Krankheit und Personalfluktuation nicht weit. Nicht umsonst berichten die Krankenkassen in Deutschland jedes Jahr in eigenen Reports über immer mehr gestresste, überforderte und ausgelaugte Mitarbeitende. Eine toxische Arbeitsumgebung steht auf der Liste der Hauptursachen für Burnout-Symptome weit vorne. Hier spielt die Art und Weise der Kommunikation eine tragende Rolle. Dabei kann eine achtsame Kommunikation die Gesundheit der Mitarbeitenden fördern und präventiv gegen Stress wirken.
Denn Menschen verlassen immer Menschen beziehungsweise Kolleg*innen oder Vorgesetzte – nie das Unternehmen!
Vom „Gesprächsfeind” zum Gesprächspartner
Eine achtsame Kommunikation ist für eine gesunde Unternehmenskultur daher essenziell. Sie beruht auf gegenseitigem Verständnis, auf Vertrauen und Akzeptanz sowie der Rücknahme von (vorschnellen) Bewertungen und Schubladendenken. Achtsam kommunizieren heißt, im Moment der Kommunikation, eines Gesprächs, voll und ganz präsent zu sein. Den Gesprächspartner als das zu sehen, was er im wahrsten Wortsinn ist: ein Partner, kein „Gesprächsfeind”.
Wer einen Feind hat, muss gegen ihn ankämpfen, muss in den Widerstand gehen, muss Recht behalten. In einer Partnerschaft, auch einer Gesprächspartnerschaft, ist das eine höchst ungesunde Strategie. Sie betont das Trennende statt das Suchen nach einer gemeinsamen Lösung.
Achtsame Kommunikation ist deshalb eine Notwendigkeit für alle Unternehmen und die darin tätigen Menschen, um zu einem wohlwollenden, gesunden Umgang miteinander zu gelangen. Das lässt sich nicht von oben verordnen, sondern will praktisch gelebt werden – von jedem Einzelnen im Unternehmen, gerade von Führungskräften mit Vorbildfunktion.
Wie jemand kommuniziert, kann beeindrucken und Vertrauen stiften. Oder Gräben aufreißen und Misstrauen säen. Gerade in Konflikten entfaltet die achtsame Kommunikation ihre kraftvolle Wirkung. Sie ist die Praxis des aufmerksamen und aktiven Zuhörens mit dem Ziel, verstehen zu wollen. Sie verzichtet auf persönliche Analysen, Meinungen und Wertungen.
Achtsam kommunizieren heißt, dir selbst zuzuhören
Die Voraussetzung für achtsame Kommunikation ist, dass du dir selbst zuhören kannst. Jetzt fragst du dich vielleicht, ob du dich beim Sprechen beobachten sollst. Ja, dieser Gedanke geht in die richtige Richtung. In der Achtsamkeit geht es darum, bewusst und aufmerksam in sich hineinzuhören. Wahrzunehmen und zu akzeptieren, was sich gerade im gegenwärtigen Moment zeigt. Und das aus der Perspektive des neutralen Beobachters. Ohne Analysen, Wertungen und Urteile.
- Welche Gedanken tauchen gerade auf?
- Was fühle ich gerade?
- Was empfinde ich gerade im Körper?
Erst, wenn du dich in einer Gesprächssituation bewusst selbst wahrnehmen und wertfrei, das bedeutet ohne Selbstkritik, akzeptieren kannst, wirst du in der Lage sein, auch dein Gegenüber wertfrei wahrzunehmen und anzuerkennen. Es wird dir gelingen, empathisch seinen Worten zu lauschen und dich während dieser Zeit zurückzunehmen. Wenn du vollständig präsent bei deinem Gesprächspartner bist und bei dem, was er/sie sagt, ist kein Platz für Urteile. Es geht ums reine Zuhören, nicht darum, die eigenen Worte „loszuwerden” oder beim Gegenüber etwas abzuladen.
Viktor Frankl, österreichischer Neurologe, Psychiater und Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, sagte einmal:
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“
Wenn du achtsam bist, kannst du auch in herausfordernden Gesprächen diesen Zwischenraum zwischen Reiz und Reaktion erkennen – und so bedachter kommunizieren. Eine Eigenschaft, die sehr wertvoll ist, um gerade nicht wie aus der berühmten Pistole geschossen dagegen zu argumentieren, wo mitunter gar keine Argumentation angesagt ist.